Klimakatastrophe, autoritärer Staat und der Kapitalismus

Was ist Fortschritt, wenn er nicht Mensch und Natur nützt? Die SPD/Grüne/FDP-Bundesregierung bezeichnet sich als »Fortschrittskoalition«. Ihre Politik aber zerstört die ökologischen Lebensgrundlagen der Menschen. Sie versagt angesichts der Klimakatastrophe. Sie stoppt die Kohle nicht und setzt auf Erdgas aus Fracking. Lässt LNG-Terminals bauen.  Unterstützt Autokonzerne mit immer mehr Autobahnen. Fördert die mörderische Atomfusion als »Zukunftstechnologie« und behindert Solar- und Windenergie. SPD und Grüne machen sich mit der Ausrede ›FDP als Bremse‹ lächerlich. Das Programm der gesamten Regierung ist es, die kurz- und mittelfristigen Interessen des deutschen Kapitals zu schützen.

Die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen (Pariser Abkommen 2015) ist unerreichbar geworden. Eine Begrenzung auf 2 Grad könnte gelingen. Aber weil die Regierungen keine wirksamen Maßnahmen zur Verminderung der Treibhausgase ergreifen, droht die Gefahr der Erwärmung der Erdatmosphäre um mind. 2,5 bis 3 Grad. Eine um 3 Grad wärmere Erde stürzt einen großen Teil der Menschheit in Hungerkrisen durch Dürre und Ausbreitung der Wüsten. Unberechenbare Wetterlagen, tödliche Hitzewellen, verheerende Stürme, kippende Ökosysteme, verdorrende Wälder, sterbende Tier- und Pflanzenarten, Kämpfe und Kriege um Trinkwasser.

Die Natur der Welt, wie wir sie heute kennen, wäre – nicht mehr rückholbar – zerstört. Die kapitalistische Produktion zerstört die Erde und den Menschen. Ihre Zerstörungskraft erreicht jetzt eine Quantität, die in eine neue Qualität umschlägt: den Zusammenbruch eines komplexen Ökosystems, das alle Menschen brauchen, um gesund und selbstbestimmt leben zu können. Ein Teil der Erde würde nur eine Zeitlang für Privilegierte nutzbar bleiben, die die Eskalation zu verantworten haben und von ihr profitierten.

Die Mehrheit der Klimabewegung ist erstarrt in der Illusion über staatstragende Politiker*innen in Regierungen und Parlamenten. Ihre Aktionen laufen in’s Leere, weil sie ihre Kraft darauf verschwenden, ausgerechnet sie überzeugen zu wollen. Die SPD/Grüne/FDP-Bundesregierung verschleiert und vertröstet die Bevölkerung mit falschen Versprechungen auf eine Zukunft, in der es zu spät sein wird, noch etwas gegen die Klimakatastrophe zu bewirken. Die Regierung ist nicht unwissend, sie erfüllt lediglich die Aufgabe staatlichen Handelns im Kapitalismus:

„Der Staat ist der Staat des Kapitals und als ideeller Gesamtkapitalist schützt er dessen Investitionen.“

Seine Aufgabe ist es, die Bedingungen für die profitable Verwertung des Kapitals aufrechtzuerhalten und auszubauen. Der Staat moderiert die widersprüchlichen Interessen verschiedener Kapitalfraktionen. Das produziert Täuschungen wie den Green New Deal. Was in Teilbereichen vielleicht verbessert wird, wird insgesamt durch den kapitalistischen Wachstumszwang mehr als überholt. Angeheizt durch die gnadenlose Konkurrenz zwingt dieser Wachstumszwang zur Profitmaximierung und kann innerhalb des Kapitalismus nicht außer Kraft gesetzt werden.

Wo die SPD-Grüne-FDP-Bundesregierung überhaupt etwas gegen die Klimakatastrophe tut, beschränkt sie sich auf den Energiesektor, ein paar Windräder hier und einige Photovoltaikanlagen dort. Grünen Wasserstoff will die deutsche Regierung in kolonialer Herrschaftslogik von afrikanischen Ländern herstellen lassen. Statt den Verkehr radikal zu verändern und auf eine ökologische Basis zu stellen, weg von der Nutzung fossiler Rohstoffe, verursacht die kapitalistische Produktion für die Energiegewinnung und für die Herstellung materieller Güter immer mehr Treibhausgase.

Die Repression gegen Klimaaktivist*innen ist so hart, weil Staat und Kapital mit der kapitalistischen Verwertung der fossilen Energien und fossiler Produktionsketten weiterProfite machen wollen. Der autoritäre Staat schlägt zu. Polizist*innen wenden systematisch brutale Schmerzgriffe an. Sie spielen sich als Richter*innen auf, indem sie Blockierer*innenund Aktivist*innen »bestrafen«. Es ist Folter, wenn eine staatliche Institution Menschen Schmerzen zufügt, um sie zu etwas zu zwingen oder sie zu ängstigen.

Schnell wird Aktivist*innen in diesem »Rechtsstaat« vorgeworfen, Terrorist*innen zu sein. Der neue Versuch, die Letzte Generation als kriminelle Vereinigung nach § 129 StGB einzustufen, ist politische Justiz. Hier werden nicht Taten verurteilt, sondern Meinungen. Das politische Strafrecht nähert sich in seiner Logik dem NS-Strafrecht. Die Strukturen in Justiz und Repressionsorganen werden nach rechts verschoben. Immer mehr Rechtsradikale arbeiten dort.

Der autoritäre kapitalistische Staat will Revolten und Aufstände »präventiv« bekämpfen. Dafür entwickelt er sich zum Polizeistaat. Bürgerlich-demokratische Freiheitsrechte werden abgebaut. Strafgesetze verschärft und Überwachungsmöglichkeiten ausgeweitet. Das Versammlungsrecht eingeschränkt. Repressionsapparate ausgebaut. Polizeigesetze erweitert. In der Polizeiausbildung soll künftigen Einsatzkräften eine noch  höhere Gewaltbereitschaft antrainiert werden. Noch setzt der Staat seine Repressionen gruppenspezifisch und situativ ein. Er schöpft seine neuen Möglichkeiten meist nur da aus, wo es ihm nötig erscheint und versucht noch, den Schein bürgerlicher Demokratie zu wahren.

In der kapitalistischen Peripherie sterben Menschen in großer Zahl an Hunger und vermeidbaren, heilbaren Krankheiten. Über 3 Milliarden Menschen sind schon jetzt von der Klimakatastrophe bedroht. Wer kann, wird weiter versuchen zu fliehen. Zum Rechtsrutsch gehört aber, dass sich kapitalistische Zentren wie Deutschland und die EU immer radikaler gegen Armuts- und Klimageflüchtete abschotten. Die EU wird ihren Mitgliedsländern sehr viel Geld zur Verfügung zu stellen, um ihre Außengrenzen weiter zu militarisieren (Beschluss Feb. 2023). Die EU-Grenz»schutz«-Agentur Frontex soll Menschen noch brutaler daran hindern, vor Armut, Hunger und Krieg zu fliehen und ihr Menschenrecht auf Asyl wahrzunehmen. EU-Europa rüstet seine Grenzen fortlaufend auf – mit paramilitärischer Polizei, mit Stacheldraht, mit Mauern, bewaffneten Wachtürmen, Fahrzeugen, Überwachungskameras und Schiffen.

Die soziale und wirtschaftliche Krise in der BRD hat sich mit der Corona-Pandemie, dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und der Bedrohung durch die Klimakatastrophe verschlimmert. Viele Menschen können sich ihr Leben nicht mehr leisten. Damit es nicht zu Unruhen kommt, sollen die Lohnabhängigen und Marginalisierten noch stärker gespalten und entsolidarisiert werden. Militarisierung und Aufrüstung verschlingen hunderte Milliarden Euro. Die Bevölkerung leidet unter der Inflation. Die Preise für lebensnotwendige Lebensmittel steigen. Die Verarmung vieler und die Abstiegsängste der Mittelschicht verschieben das gesellschaftliche Klima immer weiter nach rechts und machen Menschen anfällig für rechtsradikale und faschistische Bündnisstrategien wie die Querfront, deren Ziel es ist, das völkische und faschistische Lager zu vergrößern.

Große Teile der Klimabewegung wollen sich trotz allem nicht von ihren Illusionen lösen, Regierungen durch Argumente und Aktionen dazu zu bringen, ihre klimazerstörende Politik innerhalb des kapitalistischen Systems zu ändern. Auch die verzweifelten Festklebeaktionen der Letzten Generation rühren daher. Statt auf Unabhängigkeit von Staat und Kapital setzt die Letzte Generation (LG) auf Kapitalspenden und hauptamtliche, intransparente Strukturen. Sie ist mehr eine professionelle NGO als eine »Bewegung von unten«. Ihre Aktivist*innen lassen sich von der Organisation »Gemeinnützige Bildungsarbeit zur Unterstützung von Letzte Generation« sozialversicherungspflichtig anstellen. Diese Organisation wiederum ist Teil des Wandelbündnisses, das im Kern aus dem reaktionären Teil der alternativen Szene besteht. Wir finden hier spirituell-esoterische, Corona leugnende, menschenfeindliche, rassistische, ökofaschistische und völkisch-antisemitische Weltbilder. Das Geld für die LG kommt im Wesentlichen vom Climate Emergency Fund, einer u.a. von der Öl-Erbin Aileen Getty finanzierten US-Organisation, die auch Aktivitäten von Extinction Rebellion (XR) finanziert. Wie bei XR, einer Weltuntergangssekte, die mit Hilfe britischen Kapitals aufgebaut wurde und in der ökofaschistische Positionen zu beobachten sind, kann auch die Praxis von LG als Pakt mit einem Teil des Kapitals angesehen werden. Eine Kapitalfraktion baut sich Bewegungen. Zu welchem Zweck?

Die durch diese Kapitalfraktion bezahlten »Bewegungsjobs« widerlegen den Mythos von Aufopferung und Unabhängigkeit. LG versucht, mit vermeintlich radikalen Regelverletzungen auf sich aufmerksam zu machen. Der Adressat ist immer der kapitalistische Staat, der die Klimakatastrophe bekämpfen soll. Ende Gelände ist eine Bewegung aus Aktivist*innen der Interventionistischen Linken, Menschen, die der Linkspartei nahe stehen, sowie Anarchist*innen, eine Mischung aus an direkter Aktion orientierten Menschen und radikalreformerisch oder reformistisch geprägten Aktivist*innen. Auch wenn die Beteiligung von Linkssozialdemokrat*innen problematisch ist und die Einbindung von Extinction Rebellion (XR) kontraproduktiv, stellt Ende Gelände einen massenwirksamen Ansatz dar, der die direkte Konfrontation mit Staat und Kapital sucht. Blockaden, Widerstand sowie Sabotage gegen die zerstörerische kapitalistische Produktion zeigen, wo die Ursachen der Klimakatastrophe liegen.

Die Aktionen der Klimabewegung müssen in einen qualifizierten antikapitalistischen Widerstand überführt werden, der auch die klug-militante Auseinandersetzung mit dem Staat sucht. Wenn die Klimabewegung die Katastrophe aufhalten will muss sie den Kapitalismus abschaffen wollen und aus diesem Ziel ihre Zwischenschritte ableiten. Dazu gehören reflektierte Aktionen mit antikapitalistischem Anspruch und die Weiterentwicklung der politökonomischen Analyse der gesellschaftlichen Verhältnisse. Wer die Krise bekämpfen will, ohne den Kapitalismus abzuschaffen, befördert die Barbarei. Was wir brauchen ist eine antiautoritär organisierte, klassenbewusste, antikapitalistische Bewegung, die von der Untrennbarkeit der sozialen und der ökologischen Frage weiß. Eine Bewegung, in der Solidarität und basisdemokratische Strukturen gegen Einschüchterung und Verfolgung helfen. Nur das verhindert eine soziale Spaltung, in der – ›dem Klima zuliebe‹ – die Kosten wieder einmal der Unterschicht und der unteren und mittleren Mittelschicht aufgebürdet werden. Die sozialen Bewegungen dürfen sich nicht einfangen und korrumpieren lassen. Ihr politisches Bewusstsein soll ihnen helfen, sich mit ganzer Kraft gegen die herrschenden Verhältnisse zu stellen – sofern sie die Forderung nach Aufhebung von Klimakatastrophe, Ausbeutung und Unterdrückung ernst meinen. Dafür müssen sie streiten, lernen, aufklären und die eigene Klassenzugehörigkeit reflektieren.

Die Aktionsfelder sind klar: Solidarität gegen die Vernichtung sozialer Existenzen. Zuverlässigkeit gegen die Zerstörung der ökologischen Lebensgrundlagen. Verbindung der Kämpfe gegen Rassismus, jedweden Antisemitismus und Sexismus. Einigkeit aller gegen den Faschismus als autoritärste kapitalistische Herrschaftsform.

Anmerkungen und Quellen

»Extinction of Rebellion. Webseite hierzu: https://extinctionrebellion.de/

Den Medien gilt Extinction Rebellion als radikale Klimabewegung. Was will diese Gruppe wirklich, und in wessen Interesse ist sie unterwegs?« Siehe hierzu meinen Beitrag hierzu auf: https://heinzelweb.com/extinktion-of-rebellion

Zur imperialen Dimension des automobilen Kapitalismus, eine »Broschüre der Antifa AK Köln« über Rohstoffe, Arbeit und Märkte des automobilen Kapitalismus. Webseite hierzu: https://antifa-ak.org/

Zur imperialen Dimension des automobilen Kapitalismus – Broschüre als PDF

Die Grundtendenz und Analyse der Broschüre „Zur Imperialen Dimension des automobilen Kapitalismus“ ist okay, aber die Kritik an Extinktion Rebellion oder/und Last Generation ist noch immer, wahrscheinlich aus bündnistaktischen Erwägungen, verkürzt und hat mit Ideologiekritik nichts zu tun.

»Compassionate Revolution Limited. Aus der Drohung mit der Apokalypse und dem Appell an die eigene Opferbereitschaft hat die Ökobewegung Extinction Rebellion ein einträgliches Geschäftsmodell gemacht. Es geht um Leben und Tod, vor allem um den Tod. Er wisse nicht, »ob ihr überhaupt eine Zukunft habt«, sagt Rupert Read gegenüber Kindern. »Ich fürchte, einige von euch werden nicht alt.« Möglicherweise werde sogar »die gesamte Menschheit ausgelöscht«. Read (53) ist Sprecher von Extinktion Rebellion (XR) England, Philosophiedozent, Mitglied der Green Party.

»Auch die verzweifelten Festklebeaktionen der Letzten Generation rühren daher. https://letztegeneration.org/ – Statt auf Unabhängigkeit von Staat und Kapital setzt die Letzte Generation (LG) auf Kapitalspenden und hauptamtliche, intransparente Strukturen. Sie ist mehr eine professionelle NGO als eine »Bewegung von unten«. Ihre Aktivist*innen lassen sich von der Organisation »Gemeinnützige Bildungsarbeit zur Unterstützung von Letzte Generation« sozialversicherungspflichtig anstellen.

Diese Organisation wiederum ist Teil des Wandelbündnisses, das im Kern aus dem reaktionären Teil der alternativen Szene besteht. Wir finden hier spirituell-esoterische, Corona leugnende, menschenfeindliche, rassistische, ökofaschistische und völkisch-antisemitische Weltbilder. Das Geld für die LG kommt im Wesentlichen vom Climate Emergency Fund, einer u.a. von der Öl-Erbin Aileen Getty finanzierten US-Organisation, die auch Aktivitäten von Extinction Rebellion (XR) finanziert.

Wie bei XR, einer Weltuntergangssekte, die mit Hilfe britischen Kapitals aufgebaut wurde und in der ökofaschistische Positionen zu beobachten sind, kann auch die Praxis von LG als Pakt mit einem Teil des Kapitals angesehen werden. Eine Kapitalfraktion baut sich Bewegungen. Zu welchem Zweck?

Die durch diese Kapitalfraktion bezahlten »Bewegungsjobs« widerlegen den Mythos von Aufopferung und Unabhängigkeit. LG versucht, mit vermeintlich radikalen Regelverletzungen auf sich aufmerksam zu machen. Der Adressat ist immer der kapitalistische Staat, der die Klimakatastrophe bekämpfen soll.«

Die zentrale Forderung von LG nach einem ausgelosten Gesellschaftsrat, der die Regierung berät und auf den richtigen Weg bringt ist naiv, zeitraubend, wirkungslos, wenn nicht lächerlich, aber eben auch eine gefährliche Sackgasse der Integration in den fossilen Kapitalismus. Und dafür der Klebeaktionismus?

Ende Gelände – ist eine Bewegung von Menschen, die der Linkspartei nahe stehen, sowie Anarchist*innen, eine Mischung aus an direkter Aktion orientierten Menschen und radikalreformerisch oder reformistisch geprägten Aktivist*innen. Webseite hierzu: https://www.ende-gelaende.org/


Beitrag veröffentlicht

in

, , ,

von

Schlagwörter:

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Seite verwendet Cookies, um die Nutzerfreundlichkeit zu verbessern. Mit der weiteren Verwendung stimmst du dem zu. [rcb-consent type="change" tag="a" text="Privatsphäre-Einstellungen ändern"]

Datenschutzerklärung
DSGVO Cookie Consent mit Real Cookie Banner