Dieser Spruch von Bertolt Brecht hat nichts an Gültigkeit verloren. Die illusionäre „Innen- und Außenpolitik“, die irrationale Doppelmoral staatstragender Parteien und Medien sowie ihre polarisierenden, kontraproduktiven Krisenlösungen, aber auch die zersplitterte Linke sind mitverantwortlich, dass rechtsradikale, nationalistische Parteien, wie vor 1933, wieder spektakuläre Wahlerfolge erzielen können und sich anschicken, Türen zu ihrer politischen Machtergreifung zu öffnen. Nicht die verfassungsrechtlich geforderte Weiterentwicklung des Gemeinwohls für ein würdevolles Leben aller Menschen steht im Mittelpunkt vorherrschender Politik, sondern die ideologische Verschleierung der Durchsetzung von Profit- und Machtinteressen nationaler und internationaler Kriegsgewinnler. Das befeuert erneut den Aufstieg der reaktionär-nationalistischen Rechtskräfte. Die exorbitanten Gewinne der Wohlhabenden beruhen seit je her auf unbezahlter Arbeit. Die daraus resultierende Polarisierung verspüren viele Menschen im Alltag immer mehr, und das macht sie oft hilflos oder wütend. Das öffentliche Schweigen, die Sprachlosigkeit über diese tieferen, gesellschaftlichen Antagonismen zwischen Kapital und Arbeit, Alltagserfahrungen und Politik blockieren eine dringend notwendige sozial-ökologische und demokratische Gesellschaftswende und treiben Menschen oft in die reaktionären Arme rechtsradikaler Parteien. Die hilflos wirkenden Demonstrationen auf den Straßen, die medialen und politischen Scheingefechte sowie die endlos blutigen Kämpfe auf den Kriegsschauplätzen sind sichtbarer, bedrückender Ausdruck dafür.
Die westliche Globalstrategie, mit den Herrschenden in den USA an der Spitze, steckt in den Sackgassen selbstverschuldeter Antagonismen. Unter Antagonismus verstehe ich eine von Kapitalinteressen dominierte Politik globaler Unversöhnlichkeit, ein antisoziales Kreisen in Wahnvorstellungen eigener gesellschaftlichen Alternativlosigkeit, eine destruktive Unfähigkeit, globale Polarisierungen zwischen Menschen, Nationen und Umwelt permanent auszugleichen, statt sie zu eskalieren, um der fairen Zusammenarbeit zum gegenseitigen Nutzen aller absoluten Vorrang einzuräumen, statt der Welt die westliche »Kapital-Demokratie« mit kriegerischen Mitteln aufzwingen zu wollen und diese irrationale Gewaltpolitik auch noch als »Friedenspolitik« zu deklarieren. Frieden durch immer mehr Waffen schaffen zu wollen, bringt den unauflösbaren Widerspruch auf den Punkt. Deshalb benötigen wir dringend folgender gesellschaftspolitischer Umkehrprozesse:
- Eine friedenspolitische Kehrtwende.
- Eine migrations- und sozialpolitische Kehrtwende.
- Eine wirtschafts- und umweltpolitische Kehrtwende.
- Eine bildungspolitische Kehrtwende.
- Eine medien- und erinnerungspolitische Kehrtwende.
- Eine demokratiepolitische Kehrtwende.
Statt wirtschaftlicher und militärischer Expansionspolitik zur Durchsetzung westlicher Vorherrschaft, statt Fortsetzung der Spannungspolitik des »Kalten Krieges« und einer gewaltsamen Durchsetzung angeblicher Friedenspolitik, insbesondere gegen Russland und China, durch Nato-Osterweiterung, Hunderte von Militärstützpunkten, Billionen jährlicher Steuergelder und Staatsverschuldungen, der Eskalation der Gewaltspirale im sinnlosen Ukraine- und Israel-Krieg, mit der Folge von Tausenden Kriegstoten, Millionen von Flüchtlingen und unabsehbaren Kriegszerstörungen – ist eine Rückkehr zur diplomatischen Politik des Waffenstillstandes, der Abrüstung, der Friedensverhandlungen, eine universelle, internationale Zusammenarbeit und den Aufbau einer neuen Sicherheitsarchitektur sowie eine internationale Bewältigung der ökologischen Krise geboten, so, wie es die UN-Charta und alle wichtigen Beschlüsse der Vereinten Nationen für eine friedliche Koexistenz in einer multipolaren Welt bereits seit ihrer Gründung anstrebt.
Statt Aufnahme von Millionen Kriegsflüchtlingen durch die eigene, westliche Kriegstreiberei, die die ohnehin unterfinanzierten Gesundheits-, Sozial-, Renten- und Bildungssysteme kollabieren lassen, die Kommunen in Städten und Gemeinden völlig überfordern und damit die Nationalisten befeuern; statt »Abschiebung« von angeblich »irregulären Wirtschaftsmigranten« an den Außengrenzen, die auch dort keinerlei menschenwürdigen Lebensperspektiven in Internierungslagern vorfinden; statt Anwerbung von billigen ausländischen Arbeitskräften, die oft als Konkurrenten gegen die Inländer ausgespielt werden – gilt es, alternativlos, die Kriege zu beenden, umfassende internationale Wirtschaftshilfe zu organisieren, um Gewalt- und Fluchtursachen in den oft von imperialen Kriegen, Armut und Umweltkrise zerstörten Herkunftsländern der Flüchtlinge zu bekämpfen. Es gilt zugleich, der Stärkung der eigenen desolaten Sozialsysteme Vorrang einzuräumen, statt extensiv aufzurüsten. Dazu bedarf es zugleich einer Lohn- und Gehaltspolitik sowie einer staatlichen Einnahme- und Steuerpolitik, um die ungerechtfertigten Gewinne von hohen Privatvermögen zugunsten des Gemeinwohls abzuschöpfen.
Statt Wirtschaftsboykotte und »Strafzölle« gegen »Feindstaaten«, wie etwa Russland und China, die zugleich die eigenen Im- und Exporte abwürgen, die Inflationsspirale anheizen, den Ausstieg aus der fossilen Energiewirtschaft blockieren, dringende Innovationen durch Steuerdeckelung für Wohlhabende oder durch restriktive Schuldenbremsen verhindern und damit das sozial-ökologische Wirtschaftswachstum ausbremsen – gilt es, alternativlos, eine Wirtschafts- und Finanzpolitik durchzusetzen, die die maximale Förderung zur Dekarbonisierung der Volkswirtschaften und den universellen Umweltschutz zum zentralen Motor einer ökonomischen Zukunftsentwicklung macht. Nur dadurch ließen sich das eigene Wirtschaftswachstum nachhaltig steigern, Arbeitsplätze sichern und Staatshaushalte zugunsten des Gemeinwohls sanieren.
Statt bürgerliche Bildungsprivilegien zu fördern – gilt es, alternativlos, ein Bildungssystem auszubauen, in dem die Förderung von Kindern und Jugendlichen aus bildungsfernen und ärmeren Familien zum entscheidenden Qualitätsmerkmal des Bildungswesens wird. Dazu sollten insbesondere in den »unteren« Klassen solide Sprach- und Lesekompetenzen sowie soziale und gesellschaftspolitische Wertevermittlung oberste Priorität gegenüber naturwissenschaftlich-technischer Bildung haben. Die Überwindung der Unterfinanzierung der Schulen und Ausbildungsstätten sowie die Bekämpfung des Mangels an Lehrkräften sind dafür ausschlaggebend.
Statt Aufnahme von Millionen Kriegsflüchtlingen durch die eigene, westliche Kriegstreiberei, die die ohnehin unterfinanzierten Gesundheits-, Sozial-, Renten- und Bildungssysteme kollabieren lassen, die Kommunen in Städten und Gemeinden völlig überfordern und damit die Nationalisten befeuern; statt »Abschiebung« von angeblich »irregulären Wirtschaftsmigranten« an den Außengrenzen, die auch dort keinerlei menschenwürdigen Lebensperspektiven in Internierungslagern vorfinden; statt Anwerbung von billigen ausländischen Arbeitskräften, die oft als Konkurrenten gegen die Inländer ausgespielt werden – gilt es, alternativlos, die Kriege zu beenden, umfassende internationale Wirtschaftshilfe zu organisieren, um Gewalt- und Fluchtursachen in den oft von imperialen Kriegen, Armut und Umweltkrise zerstörten Herkunftsländern der Flüchtlinge zu bekämpfen. Es gilt zugleich, der Stärkung der eigenen desolaten Sozialsysteme Vorrang einzuräumen, statt extensiv aufzurüsten. Dazu bedarf es zugleich einer Lohn- und Gehaltspolitik sowie einer staatlichen Einnahme- und Steuerpolitik, um die ungerechtfertigten Gewinne von hohen Privatvermögen zugunsten des Gemeinwohls abzuschöpfen.
Durch einseitige, staatsnahe Berichterstattung und Kommentierung werden die Leitmedien ihrer Rolle als unabhängige »vierte Gewalt« nicht gerecht, weil sie die wirkliche soziale Lage von Bevölkerungsmehrheiten, des Prekariats und der Lohn- und Gehalt-Abhängigen nur marginal zur Sprache bringen und primär die Interessen und Meinungen der herrschenden Schichten reproduzieren. Der notwendige sozial-ökologische Wandel wird so grundlegend verschleiert und verhindert, weil die Überwindung sozialer Spaltung nicht als entscheidende Triebkraft der Weltgeschichte begriffen und befördert werden kann. Wie die Erkenntnisse Kopernikus, dass die Erde sich um die Sonne dreht und nicht umgekehrt, sowie die wissenschaftlich Erforschung der Evolutionsgeschichte der Arten durch Darwin, der die Entstehung der Menschheit aus dem Tierreich nachwies, lange Zeit geleugnet wurden, so hat es den Anschein, dass die Erkenntnisse von Marx zur Erforschung der Menschheitsgeschichte aus polarisierenden Klassengesellschaften, gipfelnd in der sozialen Spaltung des Kapitalismus und seiner repressiven Folgen, bis heute von den Herrschenden verdrängt und massiv bekämpft werden.
Dagegen gilt es, alternativlos, in eigenen sozialen Medien und politischen Organisationen die politische Selbstermächtigung von Bevölkerungsmehrheiten weiter voranzutreiben, um die Deutungshoheit der bürgerlichen Leitmedien kritisch zu hinterfragen und gesellschaftliche Gegenbewegungen zu stärken.
Statt der heutigen, nie dagewesenen Verschärfung von autoritärer Klassenherrschaft im globalisierten Kapitalismus, der auf extremer ökonomischer und militärischer Vorherrschaft von wohlhabenden Minderheiten über Bevölkerungsmehrheiten sowie auf Ausbeutung und Zerstörung der Umwelt beruht und deshalb keine Herrschaft im Interesse der Völker, sondern gegen sie darstellt – gilt es, alternativlos und permanent um mehr universelle Teilhabe der Bevölkerungsmehrheiten innerhalb der Nationen und international zu ringen, um faschistoide Gewaltausbrüche und imperiale globale Kriege sowie die zugrunde liegenden wirtschaftlichen, politischen, sozialen und kulturellen Antagonismen, Spaltungen und Polarisierungen abzubauen und zu überwinden. Inzwischen steht die Existenz allen Lebens auf der Erde auf dem Spiel. Das war, ist und bleibt die entscheidende Herausforderung einer neuen kopernikanische Wende in der Geschichte der Menschheit: von der Vorherrschaft wohlhabender Minderheiten zu einem würdigen Leben für alle Menschen.
Also, liebe Politikerinnen und Politiker, gestatten Sie uns, dem Volk, einige Fragen und Anmerkungen. Wir stimmen Ihnen ja zu, dass diese Rechtsentwicklung abscheulich und gefährlich ist. Allerdings wäre eine ehrliche Analyse der Ursachen des rechten Aufmarsches hilfreich. Er kommt nämlich nicht über uns wie ein Gewitter. Schon vor vielen Jahren gab es gründliche Untersuchungen zu seinen Hintergründen und Warnungen vor den Folgen. Erinnern Sie sich an die Langzeitstudie »Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit«, deren Ergebnisse von 2002 bis Ende 2011 in zehn Bänden unter dem Titel »Deutsche Zustände« veröffentlicht wurden? Über einen Zeitraum von eben zehn Jahren wurden Tausende von Menschen befragt und Studienleiter Wilhelm Heitmeyer fasste die wichtigsten Einsichten zusammen. Er konstatierte eine »Demokratieentleerung«, die mit Vertrauensverlust und einem Gefühl der Machtlosigkeit einhergeht: »Warnsignale, da die Anfälligkeit für rechtspopulistische Mobilisierungen auffällig ist.«
Sie, die Sie die Regierungskoalitionen der letzten dreißig Jahre gestellt haben, bekämpfen »Rechts« und »Links« und tummeln sich in der »Mitte«. Wessen Interessen vertreten Sie da? Könnte es sein, dass Sie den Kontakt zur Mehrheit verloren haben, die Sie dafür angestellt hat, ihre Interessen und Bedürfnisse zu vertreten? Die meisten Menschen wollen Frieden, soziale Sicherheit und einen bescheidenen Wohlstand. Sie wollen als Mensch anerkannt sein und sich nicht ohnmächtig den egoistischen, moralisch verbrämten Bestrebungen von reichen Heuchlern ausgesetzt fühlen. Heitmeyer beschreibt die Mentalität einer Elite, die von der grundgesetzlichen Maxime »Eigentum verpflichtet« nichts wissen will, sich aus der Solidargemeinschaft zurückzieht und versucht, eigene Ziele mit rabiaten Mitteln durchzusetzen.
Aber die Rechtsentwicklung trifft ja nicht nur Deutschland, sondern ganz Europa – Frankreich, Italien, Österreich, die Niederlande und so weiter; Nazis an der Macht, oder doch kurz davor! Ja, der beschriebene Prozess von Verwertbarkeit, Entsolidarisierung und Demokratieentleerung grassiert in den meisten Staaten und er hat auch einen Namen: neoliberal radikalisierter Kapitalismus. Die Lage ist durch die Kriege noch gefährlicher geworden. Aber auch hierbei scheinen Sie, liebe Politiker, eine sehr selektive Wahrnehmung zu pflegen und uns dabei eine retrograde Amnesie aufzuzwingen. Wollten etwa wir, das Volk, die Kriege in Afghanistan, Irak, Libyen, Syrien? Ist unsere Meinung gefragt, ob wir die US-Politik der Weltherrschaft unterstützen wollen? Konnten wir über die Nato-Osterweiterung befinden oder derzeit über die deutschen Kriegsschiffe im Südchinesischen Meer? Nein. Die Leute haben es in Umfragen immer wieder deutlich gesagt: Keine Bundeswehr im Ausland, keine Waffenlieferungen für noch mehr Krieg, verhandelt endlich!
Die imperialen Ambitionen stützen sich nicht auf Mehrheiten. In Verbindung mit der erlebten Verachtung für die Bedürfnisse der Bevölkerung begünstigen sie rechte Parteien und Gruppierungen. Und wenn wir »rechts« charakterisieren als Tendenz, die Gleichwertigkeit von Menschen zu bestreiten, Sozialdarwinismus statt Solidarität zu stärken und nationale Führung anzustreben, dann ist die in Deutschland vorherrschende Politik rechts, obwohl alle Regierungsparteien behaupten, die Mitte zu sein. Der Neoliberalismus ist demokratie- und menschenfeindlich – übrigens auch gegenüber dem kriegszerstörten Land Ukraine.
Sie, liebe Politikerinnen und Politiker, betreiben selbst die »verfassungsschutzrelevante Delegitimation des Staates«, die der Verfassungsschutz verfolgt. Die Wucht eines Klassenkampfes von oben, den die Eliten inszenieren, die soziale Kälte und die Abwertung schwacher Gruppen zeigen nach Heitmeyer, dass »eine gewaltförmige Desintegration auch in dieser Gesellschaft nicht unwahrscheinlich ist.«
Es ist höchste Zeit, gegen Verrohung durch Kriegstüchtigkeit und gegen die Zersetzung der gesellschaftlichen Solidarität mit Aufklärung und menschenfreundlichen Aktionen Widerstand zu leisten.
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