Der Begriff Extremismus

Den „Extremismus“ gibt es nicht. Extremismus ist sozusagen ein Konstrukt, eine Erfindung und noch dazu vom Verfassungsschutz. In dem willkürlich irgendwelche Extreme an einem Halbkreis gedachten als extremistisch angesehen werden. Das weitere Problem ist, dass es vom Verfassungsschutz dekretiert worden ist und von informellen Mitarbeitern des Verfassungsschutzes wie die Kollegen Backes und Jesse, ein sehr merkwürdiges Verständnis von Wissenschaft, der Wissenschaft aufgedrückt worden ist. Und nicht nur das, der Extremismus Begriff ist auch kein Rechtsbegriff, das heißt, er taucht in keinem Gesetz, auch nicht im Grundgesetz auf. Das heißt, man kann auch deshalb nicht bestraft oder belangt werden. Dennoch untersuchte der Verfassungsschutz Personen und Parteien und teilt sie in extremistische Parteien ein, labelt sie gewissermaßen und das kann große Nachteile haben. Es ist verfassungsmäßig sehr problematisch, rechtswidrig, und man muss die Frage stellen, wer schützt die Verfassung vor dem Verfassungsschutz.

Extremismus ist der Gegenbegriff zur Demokratie und wir beobachten, um die Gefährdung der Demokratie zu erfassen. Der Begriff Extremismus“ bringt für die Analyse der Demokratie nichts. Der Begriff Extremismus wird leider von den Behörden verwendet und gleichzeitig wird er auch in der wissenschaftlichen Diskussion verwendet. Der Begriff wird natürlich auch polemisch verwendet; gleichzeitig wird er auch in der Öffentlichkeit als analytisches Konzept verwendet. Die Gemeinsamkeit des Begriffes liegt in der Bedrohung der Demokratie.

Warum ist das Extremismus Konzept so all gegenwärtig?

In Deutschland haben wir eine doppelte Diktatur Vergangenheit, die NS-Diktatur und die Auseinandersetzung im geteilten Deutschland, dem anderen kommunistischen Deutschland, das sind wichtige Faktoren die diese Intensität dieser Auseinandersetzung mit dem Phänomen erklären. Das ist bei uns in Deutschland intensiver als in anderen europäischen Ländern. Vor allem ist es eine doppelte Diktatur Vergangenheit die das erklärt. Das Modell ist so allgegenwärtig, wir ein Demokratiedefizit haben und nur aus diesem Defizit verbunden mit einer deutschen Obrigkeitsstaatlichen Tradition lässt sich diese Allgegenwärtigkeit in Sicherheitsbehörden, aber auch in der Wissenschaft erklären. Smit wurde der Extremismus ein Amtsbegriff, der maßgeblich war für das Handeln der Landesämter für Verfassungsschutz sowie dem Bundesamt für Verfassungsschutz. Mit diesem amtlichen Begriff konnten die Ämter entscheiden, wen sie überwachen und wen nicht.  Und sie konnten all das im geheimen Tun ohne parlamentarische Kontrolle. Deshalb sind das nämlich »Geheimdienste« weil sie sich der demokratischen Kontrolle entziehen. Es ist aber entscheidend, das es den Begriff »Extremismus« als Rechtsbegriff überhaupt nicht gibt. Man kann das Grundgesetz durchforsten, aber man wird den Begriff des Extremismus nicht finden. Das heißt, ein Konzept das kein Rechtsbegriff ist wurde zu einem Amtsbegriff mit eben den ganz handfesten Folgen. Ohne Rechtsbegriff ein Amtsbegriff zu prägen, ist demokratisch gesehen sehr problematisch. Wir haben den Radikalen Erlass, der ja kurze Zeit vorher beschlossen wurde als Bund-Länder-Agreement zur Überprüfung von Angestellten im öffentlichen Dienst, die als vermeintlich-radikale identifiziert wurden. Es gab Berufsverbote, Überwachung, Anhörungen insbesondere von Lehrern*innen in noch größerer Größenordnung, welches noch dazu parallel lief.  Das hat sich etwas verändert bis heute entwickelt, das der radikal Begriff von dieser Form als Extremistisch verstanden wird. Das war in den siebziger Jahren noch so gar nicht trennscharf wie heute. Die Formel auf die wir zurückkommen, ist die der wehrhaften Demokratie sozusagen die Grundformel der Demokratie, nämlich, die Demokratie muss sich dagegen wehren, wenn Menschen mit demokratischen Möglichkeiten die Demokratie gefährden. Wo die Gefährdungen ansetzen und wie die geahndet werden ist tatsächlich der Ausdeutung einerseits durch die Sicherheitsorgane als Teil der Executive überlassen, also die bekannten Bundes- und Landesämter für Verfassungsschutz, die im geheimen dann definieren, was sie als extrem und Extremismus verstehen, aber eben auch die Justiz. Beides ist aus meiner Sicht  Demokratie theoretisch in Frage zu stellen. Auch die Ausdeutung durch das Bundesverfassungsgericht muss man aus meiner Sicht in Frage stellen, denn das Bundesverfassungsgericht ist auch nicht der Demos. Und wenn es um die Einschränkung von Grundrechten, die unser Grundgesetz ja auch vorsieht, geht, dann ist es ja die Frage, wer eigentlich legitimiert ist, dass zu tun. Also, wer soll eigentlich bestimmen wann Grundrechte eingeschränkt werden, und wenn es passiert, ist das denn noch demokratisch?

Faschismus als Begriff ist treffender, warum?

Weil es Faschismus gab und gibt. Extremismus gab und gibt es nicht! Faschismus ist nicht nur, dass ein Hitler vor der Tür steht, oder ein Auschwitz. Faschismus ist die Bezeichnung für eine politische Partei oder politische Regime, die man nach gewissen Kriterien definieren kann, nach Ideologie, nach Erscheinungsbild, nach der sozialen Basis, nach der sozialen Funktion, und es gibt dann Parteien nach dem Muster, die italienischen faschistischen Parteien. Aber es gibt auch fundamentalistische faschistische Parteien, das heißt, dass in diesen Parteien und auch in den Staaten, die Religion die Politik mitbestimmt.

In meisten Faschismen ist Antisemitismus und Rassismus. Der Extremismus Begriff ist  deshalb problematisch, weil er gewissermaßen Rassismus nicht erfassen kann. Antisemitismus und Rassismus ist keineswegs auf den extremen Rändern des politischen Spektrums, sondern auch in der Mitte. Wie auch andererseits die Demokratie keineswegs von den Rändern zerstört werden kann, sondern auch von oben, dass also ist auch ein weiteres Problem, das man das mit dem Extremismus Begriff nicht erfasst. Auch ein weiterer Punkt ist die große Gefahr, dass wir mindestens 20% Antisemiten hier haben. 40% Rassisten und 64 bis 68 Prozent der Bevölkerung hassen die Zigeuner, man nennt das den „Antizionismus“ – so wird deutlich, dass zwei Drittel der Gesellschaft nicht an den Rändern sein können, dann muss das ja wohl schon in der Mitte sein. Und davon wird einfach abgelenkt und nicht gesehen, dass es hier Unterschiede sind und man mit dem Extremismus Begriff die wahre Gefahr vor allen des sich ausbreitenden Rassismus nicht erfassen kann.

Weil er richtig ist und weil er auf die wahren Gefahren sozusagen hinweist. Und eben vor allem darauf hinweist, auf die mögliche Gefahr des Faschismus von oben. Faschismus von oben, bedeutet, dass die Demokratie abgebaut werden kann und dann ein faschistisches Regime nur eine Diktatur von oben errichtet werden kann. Und das war auch in der Geschichte sozusagen so. Eine weitere Angst im Faschismus Begriff ist, dass er von der Linken benutzt wurde, aber keineswegs nur von Linken, auch Thomas Mann hat ihn benutzt und das in dem marxistischen Faschismus Deutungen oder Theorien vor allem auf die ökonomische Basis hingewiesen wird, auf das kapitalistische System. Und das möchte man nicht sehr gern. Der Faschismus Begriff tut weh und weist es drauf hin, dass es eben auch nicht nur die Faschisten waren, sondern auch ihre Bundesgenossen, und das waren die Konservativen.

Die Weimarer Republik ist nicht von rechts und linksextremen Rändern des Parteienspektrums zerstört worden, sondern eher von einem Bündnis aus Faschisten und Konservativen. Die Konservativen sollen nicht den Fehler wieder machen, den ihre Gesinnungsgenossen in den zwanziger und dreißiger Jahren gemacht haben.

Es war ein Bündnis zwischen den Konservativen und den Faschisten. Das war bereits die Harzburger Front, ein Aufmarsch von konservativen Kräften und faschistischen Kräften. Und dann der 30igste Januar war wieder eine Machtergreifung, es war wieder ein Bündnis zwischen den Konservativen, der DNVP (Deutsch-nationalen Volks Partei) und der faschistischen Partei NSDAP. In diesem Bündnis hatten die Konservativen, was die Minister angeht, die Mehrheit. Es waren nur drei Nationalsozialisten vertreten. Das ist eben also ein Bündnis gewesen und keineswegs war am 30. Januar eine Regierung aus NSDAP und KPD, wie dieses Extremismus-Modell suggeriert. Thälmann der Führer der KPD wurde nicht Vizekanzler, sondern kam ins Zuchthaus und wurde im KZ Buchenwald ermordet. Dass muss man einfach sehen und da ist jetzt nochmal wichtig das diese falsche Lehre aus Weimar immer gezogen wird, immer wieder gesagt wird, wir müssen wehrhaft sein gegen die Extremisten von Links und rechts. Und bei diesem wehrhaft sein, baut man die Demokratie ab. Das heißt, unter dem Vorwand die Demokratie zu schützen, wird sie abgebaut und damit werden die gleichen Fehler der dreißiger Jahre gemacht.

Thüringen war jetzt das beste Beispiel zum Abbau der Demokratie und indem man die Faschisten wieder salonfähig macht. Die Konservativen und die Liberalen haben nichts aus der Geschichte gelernt und es droht das sich die Geschichte wiederholt. Außerdem sollten wir die neoliberalen und transatlantischen Kader innerhalb der Grünen und der SPD auch nicht unterschätzen.

Die gleiche Distanz zu AfD und Linkspartei beruht auf zwei Lebenslügen der Christdemokraten: Viele CDU-Mitglieder verschwiegen nach dem Zweiten Weltkrieg ihre frühere NSDAP-Mitgliedschaft. Nach dem Fall der Mauer fusionierte die CDU mit der SED-Blockpartei Ost-CDU und kassierte deren Vermögen gleich mit. Und Angela Merkel war FDJ-Sekretärin für Propaganda und Agitation, durfte im Ausland studieren und, anders als die meisten DDR-Bürger, auch in den Westen reisen.

Wir dürfen auch nicht aus der Geschichte vergessen, was Oskar Lafontaine schreibt. Im Hinblick auf NSDAP und SED wäscht sich die CDU ihre Hände in Unschuld. Ein Beispiel dieser Heuchelei und Verlogenheit lieferte heute Roland Koch in seinem Beitrag in der „FAZ“: „Die CDU wurde als Bollwerk gegen Faschismus und Kommunismus gegründet. Christen und Nichtchristen, KZ-Überlebende und Gewerkschafter, sie alle zusammen gründeten die Union, weil sie von den unausweichlichen Folgen dieser beiden Ideologien überzeugt waren.“

Welch unverschämte Lüge! Konrad Adenauer beschäftigte den Kommentator der Nürnberger Rassengesetze Hans Globke als Chef des Bundeskanzleramtes; Kurt Georg Kiesinger wurde Bundeskanzler, obwohl er schon 1933 in die NSDAP eingetreten war; Hans Karl Filbinger war von 1966 bis 1978 für die CDU Ministerpräsident in Baden-Württemberg, obwohl er als Marinerichter noch kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges Deserteure zum Tode verurteilte und dies später noch mit den Worten verteidigte: „Was damals rechtens war, kann heute nicht Unrecht sein.“ Die CDU-Vorsitzende Kramp-Karrenbauer weiß: In der ersten CDU-Fraktion im saarländischen Landtag nach der Saar-Abstimmung 1955 waren mehr als die Hälfte der CDU-Abgeordneten ehemalige NSDAP-Mitglieder. Noch 1957 wurde Dr. Erwin Albrecht, als ‚Blutrichter‘ in Prag für 31 Todesurteile gegen Juden verantwortlich, Vorsitzender der saarländischen CDU-Landtagsfraktion. Alles vergessen?


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